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Energienews


17.01.2021

BAU Online – oder wie man‘s besser nicht machen sollte

Wenig überzeugend fand GEB-Redakteurin Claudia Siegele die Online-Version der BAU 2021 in diesem Jahr. Sie moniert Probleme mit der Registrierung und ein unübersichtliches Veranstaltungsangebot. Lesen Sie ihren Kommentar.

Was war das im Vorfeld für ein Hin und Her bei den Fachmessen im vergangenen Coronajahr! War man im Frühjahr noch zuversichtlich, dass das Virus bis zum Sommer wieder verschwunden sein würde, lehrte uns der ungewollte Exkurs in die Virologie, dass mangels Medikamenten und Impfstoff ein kleines Virus ruckzuck eine weltumspannende Pandemie auszulösen vermag, die unser Leben bis heute fest im Griff hat. Viele Messegesellschaften haderten damit, eine Messe ganz abzusagen, sie zu verschieben oder stattdessen eine Onlinevariante aus dem Hut zu zaubern. Besonders lange hat sich die Messe München damit Zeit gelassen, diesbezüglich eine Entscheidung zu treffen.

Erst Anfang Oktober letztes Jahr stand fest: Es wird keine BAU in bewährter Form geben, aber die Messegesellschaft glaubte damals noch fest an eine abgespeckte Version mit weniger Ausstellern und einer begleitenden Onlinemesse – also eine sogenannte Hybridlösung. Erst im Dezember war klar: Wenn, dann gibt‘s 2021 die BAU nur als Onlinevariante, und so wundert es nicht, dass die geschwind erarbeitete Lösung nix Gescheites hervorbringen konnte.

BAU 2021 auf der virtuellen Piste ausgerutscht

Wer sich die Mühe machte, vom 13. bis 15. Januar an der BAU Online teilzunehmen, bekam schon beim Registrierungs-Roulette einen Vorgeschmack auf das, was an den drei Tagen geboten wurde. War man dann irgendwann glücklich eingeloggt und ließ sich auf der lieblos gestalteten Homepage alle „Veranstaltungen“ für die drei Messetage auflisten, bekam man 5.905 Treffer geboten, die abzuscrollen alleine schon einen Tag in Anspruch genommen hätte. Dabei waren „nur“ 248 Treffer bei der Ausstellerliste aufgeführt ... was bedeutet ... kurz gerechnet ... 5.905 durch 248 ... eins im Sinn ..., dass im Schnitt jeder Aussteller knapp 24 Events, 1:1-Gespräche, Vorträge und/oder Präsentationen verteilt auf die drei Tage anbot. Ne ganze Menge, kann man da denken. Vielleicht gar etwas zu viel für den keuchenden Server?

Jedenfalls gab es viele Probleme, sich erfolgreich anzumelden und eine stabile Verbindung zu wahren. Zudem verlor man schnell die Lust, sich auf der äußerst unkomfortabel strukturierten (?) BAU-Online-Seite durch die Angebote zu klicken. Man merkte schnell: Hier wurde ein Konzept mit sehr heißer Nadel gestrickt, das man besser schon seit letztem Sommer vernünftig ausgedacht und abgearbeitet hätte. Viele Aussteller waren entsprechend genervt und unzufrieden mit diesem Angebot der Messe München, das hinsichtlich der Imagefrage ein echtes Eigentor wurde. So großspurig wie die Messe München bis in den Herbst hinein prophezeit hatte, die BAU 2021 sei auf gutem Kurs, so krachend bis katastrophal war die Landung dieser Weltleitmesse auf der virtuellen Piste.

Eine Fachmesse funktioniert rein virtuell nicht

Messe München

Zwar waren sehr viele Aussteller und Besucher aus dem Ausland zugegen, doch blieben sowohl die gewohnten oder erhofften Geschäfte der Hersteller ebenso aus wie die Highlights für die Besucher. Statt knalliger Böller gab‘s bestenfalls ein paar Wunderkerzen. Die Aussteller bemühten sich dessen ungeachtet, gute Shows zu bieten, soweit das am Computer oder Laptop nun mal möglich war. Wer es geschafft hatte, ein Einzelgespräch zu ergattern, bekam durchaus Infos aus erster Hand. Aber die Oberfläche einer Fliese zu betasten, einen Beschlag anzufassen, oder einen Ziegelstein anzuheben, das war mit Maus und Tastatur leider nicht zu machen. Viele der Platzhirsche wie die BMI-Group, Hörmann, Rockwool, Velux und so weiter waren gar nicht erst angetreten. Und so schön es für die Messe München ist, viele kleine Firmen aus dem Ausland vorweisen zu können, um damit den internationalen Nimbus zu bedienen: Was haben die Handwerker, Architekten und Baustoffhändler davon, mit einem Hersteller aus China oder Zypern über Rollläden zu fachsimpeln, weil unter „R“ keine Firma Roma auftaucht?

Bei aller harscher Kritik, die von vielen Seiten geäußert wurde, darf und muss man aber doch anerkennen, dass die Messe München in der kurzen Zeit, die sie sich ließ, um ein Online-Messekonzept aus dem Boden zu stampfen, immerhin eine Plattform anzubieten wusste, über die sich Aussteller und Besucher verabreden und informieren konnten. Dass diese Notlösung nicht dafür taugt, in gleicher Art wiederholt zu werden, liegt auf der Hand. Aber das ist ja auch nie die Absicht gewesen.

Nicht nur die Messe München sehnt sich mit ihrer BAU 2023 zurück zur bewährten Form. Ungeachtet dessen dürften manche guten Erfahrungen mit dem virtuellen Präsentieren und Kontakten – ja, die gab‘s auch! – Begehrlichkeiten wecken, Präsenz und Online bei künftigen Messen doch bitte vernünftig zu kombinieren. Einerseits hat dieses Experiment verdeutlicht, was schon vorher klar war, nämlich dass eine Fachmesse rein virtuell nicht funktioniert. Andererseits fand die digitale Welt durch Corona gezwungenermaßen und quasi sehr brachial Eingang in die heile Messelandschaft, die sich erst wenige Jahre zuvor der dicken und schweren Messekataloge entledigt hatte.

Das Messekonzept der Zukunft: Hybrid!

Der Fachmessehype mit langen Wartelisten und sündhaft teuren Standplätzen hat seinen Peak im Coronajahr zweifellos hinter sich gebracht – nun geht es darum, die digitalen Erfahrungen mit der Hallenpräsenz zu verquicken, also eben gut durchdachte und effiziente Hybridkonzepte zu erarbeiten. Nicht zuletzt auch, um für einen erneuten möglichen Lockdown in naher oder ferner Zukunft besser gewappnet zu sein. Insofern hat das Experiment BAU Online 2021 durchaus eine wichtige Funktion erfüllt – man weiß nun sehr genau, wie es nicht funktioniert und kann aus den Fehlern lernen.

An diesem Experiment als Besucher oder Journalistin teilzunehmen war wichtig, um auch für sich selbst herauszufinden, was für einen Anspruch man an eine digitale Veranstaltung dieser Art hat, und zu spüren, welchen Mehrwert eine Präsenz-Fachmesse zu bieten hat. Mir fehlten jedenfalls das hektische Treiben in den Messehallen, die persönlichen Kontakte face-to-face, das Begutachten und Berühren der ausgestellten Neuheiten, die Erschöpfung am Ende eines Messetages, die einem aufzeigt, was man den Tag über geleistet, gesehen und erlebt hat. Für mich steht fest: 2023 klopfe ich im Januar in München erst an die Pforte des Messegeländes, bevor ich mich nach der Hallenrallye zuhause per Maus durch die Onlinemesse kämpfe. Autorin: Claudia Siegele

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